Es war einmal in Aschaffenburg

Hätte mir jemand Anfang 2023 gesagt, dass ich irgendwann eine Technik AG an einer Grundschule in Aschaffenburg abhalte, dann hätte ich an seinem Verstand gezweifelt und das aus vielerlei Gründen. Doch im ersten Halbjahr 2024 ist genau dies passiert und wie das ablief, was die erwähnten Gründe sind und wie es sich anfühlt, samstags morgens um 04:50 Uhr aufzustehen, erfahrt ihr alles hier.

Durch eine unerfreuliche Begebenheit hat es sich ergeben, dass es keinen Trainer mehr für eine Technik AG an einer Grundschule in Aschaffenburg gab. Eine gute Freundin von mir hat mich empfohlen und nach einem sehr sympathischen Telefonat mit dem regionalen Organisator saß ich auch schon Ende September 2023 an einem Samstagmorgen an der Technischen Universität Aschaffenburg in einer Schulung für Trainer dieser Technik AG, ausgerichtet vom TÜV Hessen.

Doch worum geht es in so einer Technik AG überhaupt?

An sich kann es in einer Technik AG um alles Mögliche gehen, solange es eben mit Technik zu tun hat. In meinem Fall ging es um Strom und Stromkreise, wie diese funktionieren, was man mit ihnen machen kann, wie Strom erzeugt werden kann und dass es gar nicht so schwer ist, all dies mit ein wenig Geschick zusammen zu basteln. Natürlich stellt man den Kids jetzt nicht einfach Materialien hin, gibt ihnen eine Anleitung und betet, dass bitte nichts Schlimmes an vier Samstagen hintereinander passieren mag, so ist es doch etwas mehr als das.

Nach dieser Schulung folgte noch ein wenig Planung, ein wenig Rücksprache und schon war es so weit, dass ich mich in die Hände der Deutschen Bahn begeben musste. Es gab nur eine einzige Verbindung von mir zu Hause bis knapp vor die Schule, die es mir erlaubte, Samstagmorgen um 08:00 Uhr pünktlich dort zu sein. Genau genommen wäre ich um 07:40 Uhr dort gewesen, aber alle Verbindungen danach hätten zu einer Verspätung meinerseits geführt und das wäre ein absolutes no-go! So sollte es diese Verbindung sein, mit dem ersten Bus (05:53 Uhr) bei mir weg und um 07:40 Uhr an der Schule.

An einem Samstagmorgen, um kurz vor fünf Uhr aufzustehen, klingt wie Quälerei. Als ich vor dem ersten Samstag meinen Wecker auf 04:50 Uhr stellte, stellte ich noch zwei weitere, einen auf 05:00 Uhr und einen auf 05:10 Uhr, sicher ist sicher! Doch nein, beim ersten bin ich direkt wach geworden und bin es tatsächlich auch geblieben.

Um diese Uhrzeit unterwegs zu sein, ist schön. Die Stadt schläft noch. Sie ist nicht laut, weder visuell noch audiovisuell. Meine Sachen hatte ich vorher schon gepackt und musste mir darüber auch keine Gedanken machen. Einen Plan, womit ich anfange und was wir aus all den Bausätzen als erstes bauen, hatte ich auch, also konnte auch hier nichts schief gehen. Somit war die Fahrt sehr entspannt!

Doch eine wichtige Frage musste noch beantwortet werden: „Du“ oder “Sie”? Zwar schrieb ich meinen vollen Namen an die Tafel, doch die Frage blieb bestehen, bis ich im Chor von den Kids mit einem “Guten Morgen, Herr Hommel!” begrüßt wurde. Damit hatte sich das geklärt und klar, in dem Alter wird da schon mal ein “Du” draus oder es wird gemischt, mit dem Nachnamen angesprochen aber dann das “Du” genutzt. Dennoch war das “Sie” die bessere Entscheidung, denn man braucht diesen Abstand zu den Kids, um entsprechenden Respekt aufbauen zu können, was natürlich für beide Seiten gilt.

Man hat sofort gemerkt, dass die Kids loslegen wollten. Wissbegierig und neugierig wollten sie Stromkreise zusammensetzen und wenn alles geklappt hat, dann hatte nicht nur die Kontroll-LED geleuchtet, sondern man konnte auch das Leuchten in den Augen erkennen, denn Erfolg macht natürlich schon Spaß.

Über die ersten drei Samstage verteilt haben wir uns gemeinsam angeschaut, wie Strom zu erzeugen ist. Angefangen ganz simpel durch eine 9V Blockbatterie. Dann durch die eigene Muskelkraft mit einer Kurbel und einem Motor sowie zum Schluss durch ein kleines Solarpanel. Dabei ging es aber auch darum, Strom sicht- bzw. hörbar zu machen. Und ich kann euch nun aus eigener Erfahrung mitteilen, dass die visuelle Variante wesentlich schonender für das Nervenkostüm ist, als Strom über einen Summer, der wie eine Ente mit einer schweren Kehlkopfentzündung klingt, zu leiten. Spaß hat es dennoch gemacht, denn wir hatten auch noch einen Motor mit einem Propeller und langsam fingen die Kids an verschiedene Komponenten zu verknüpfen. Summer an der Batterie ist simpel, doch kann ich mit der Kurbel auch genug Strom erzeugen, um aus dem Summer einen Ton rauszubekommen? Wie dreht sich der Propeller, wenn ich die Kurbel in eine andere Richtung drehe? Was kann ich alles gemeinsam an die 9V Batterie anschließen, bis nicht mehr genug Strom fließt?

Jeder Samstag war anders und auch immer wieder eine neue Herausforderung. Wo konnte man ansetzen und was ist noch vom Samstag zuvor hängen geblieben? Kamen am zweiten Samstag überhaupt alle wieder? So viel kann ich sagen, sie kamen wieder bis auf einen, aber das schien von vornherein ein Sonderfall zu sein.
Was mich hier mit am meisten begeisterte war die stetige Neugier der Kids und das Verlangen, die Aufgabe des Tages zu bewältigen, zu experimentieren und neues Wissen anzusammeln. Sie wollten immer wieder gefordert werden, neues ausprobieren und weitere Bausätze zusammenbauen. Dabei haben einige, bewusst oder unbewusst, auch verstanden, dass sie für die Kreativität, die ihnen innewohnt, die Grundlagen benötigen, die in dieser Technik AG vermittelt wurden. Denn ohne diese Grundlagen verpufft Kreativität und kann schnell in Frust umschwingen, da eben nicht die Möglichkeiten vorhanden sind um sie auszuleben.

Natürlich hatte ich immer noch jemanden mit dabei, in diesem Fall die Rektorin der Schule, falls doch mal was schiefläuft oder ich Fragen habe. Hier fand immer ein reger Austausch statt, gerade in Bezug auf die Eigenheiten mancher Kids, wie man damit umgeht und was man besser bzw. anders machen kann.
Man ließ mich allerdings weitestgehend meinen eigenen Weg gehen, denn auch wenn mir das Pädagogische fehlt, so bin ich didaktisch doch recht fit und weiß Informationen entsprechend zu vermitteln. Dieses Vertrauen hat sehr gutgetan und das überträgt sich natürlich auch auf die Kids, denn der Umgang ist ein ganz anderer. Von der Rektorin kamen dann immer nochmal Ergänzungen, was mir auch immer wieder weiterhalf.

Was ich aber auch eingestehen muss, es ist unglaublich anstrengend solch einen Tag, vier Stunden lang (mit entsprechender Pause) mit 16 Kids voll konzentriert hinter sich zu bringen. Man muss immer darauf achten, was man gerade macht, wem man was sagt und natürlich auch wie man es sagt. Dabei seine eigene Agenda für den jeweiligen Tag im Auge behalten, Timekeeping und noch vieles mehr. Auch hier vertiefte sich mein Respekt für Lehrende, der zuvor bereits sehr ausgeprägt war, um ein Vielfaches! Nach so einem Samstag ist man ziemlich fertig aber das wichtige ist, auch glücklich!

Am vierten Samstag habe ich mir dann, aufgrund des Vorschlags zweier Freunde, überlegt etwas mit dem Super Mario Maker zu machen. So ein wenig spielerisch aber durchaus mit einem ernsten Hintergrund. Natürlich waren die Kids hellauf begeistert, denn sie durften zocken. Doch zuerst ging es darum in Teams Abschnitte eines Levels zu designen, allerdings zuerst auf Papier. Danach wurden die Abschnitte dann nach und nach gebaut und natürlich auch ausgiebig gespielt. Zum Schluss habe ich dann nochmal ein wenig darüber gesprochen, was genau an diesem Tag alles passiert ist, was wir bewusst und unbewusst gemacht haben und was die Kids mit in den zukünftigen Unterricht nehmen können. Game und Level Design haben wir natürlich nur in einem sehr kleinen Rahmen behandelt!
(Zum Thema „Super Mario Maker als Unterrichts Gegenstand“ werde ich gewiss in Zukunft nochmal was schreiben, denn ich glaube fest daran, dass hier noch sehr viel Luft nach oben ist, pädagogisch und didaktisch.)
Aber ich möchte nicht verschweigen, dass auch zwei nicht so begeistert waren, dass wir nicht nochmal was gebaut haben.

Verdammt wichtig!

Wir alle hatten Situationen in der Schule, meist im Zusammenhang mit Lehrenden, die unschön waren. Oft waren das Situationen, die bereits die Lehrenden durchlebt haben und frei nach dem Motto „Da musste ich durch, also musst du da auch durch“ erlebt man das gleiche erneut. Arbeitet man mit solch jungen Kids zusammen, wie in meinem Fall, so wird man auch in diese Situationen kommen, ich hatte zumindest einige. Doch hier kommt das wichtige, man hat die Macht etwas zu verändern. Man kann diese Verkettung an schlechten Erinnerungen bzw. Situationen durchbrechen und es besser machen. Man kann diesen Kids zeigen, dass etwas lernen Spaß macht, denn es ist wie ein Fundament auf dem weiteres aufgebaut werden kann. Sie müssen durch solche Situationen nicht frustriert werden, denn Frust bringt einen in der Regel nicht weiter.

Diese Macht trägt man mit in den Klassenraum und man sollte sie weise einsetzen, denn man kann dadurch viel erschaffen aber auch sehr viel kaputt machen.

Man bringt etwas bei und vermittelt Wissen, lernt dabei aber auch viel über sich selbst.

Mit der bereits erwähnten Freundin habe ich immer wieder sehr viel über die Samstage gesprochen, über den Beruf eines Lehrenden und wie man mit verschiedenen Kindern klarkommt. Für das Lehramt habe ich noch mehr Respekt als je zuvor, soviel ist schon Mal sicher.

Wer mehr über diese AG wissen möchte, der findet die Bauanleitungen und weitere Informationen auf der folgenden Seite. Ausgerichtet wird das in Aschaffenburg vom Rotary Club Aschaffenburg und vielen Sponsoren (auch zu finden unter dem Link).

https://www.tuev-kids.de/1379/jugend-technik

Eines möchte ich noch loswerden, denn wir schimpfen immer viel über die Deutsche Bahn und ja, sie gibt uns öfters auch wirklich allen Grund dafür. Doch von den vier Samstagen hatte ich nur Schwierigkeiten bei einem und kam aufgrund von Problemen am Zug zu spät. Das ist eine Erfolgsquote von 75% und das finde ich natürlich verbesserungswürdig, aber ich habe mit Schlimmerem gerechnet, vielen Dank dafür!

Ich hoffe sehr, dass ich auch in Zukunft an solchen Projekten teilnehmen kann, denn mir macht sowas unglaublich viel Spaß, auch wenn immer eine gute Portion Ungewissheit dabei eine tragende Rolle spielt. Doch genau darum geht es auch, denn man wird dadurch selbst gefordert und muss sein eigenes Wissen immer wieder auf andere Art weitergeben. So bleibt man selbst fit und wenn alles gut läuft, lernt man auch noch einiges dabei. Außerdem ist man Wegbegleiter und vielleicht auch Wegbereiter für junge Menschen deren Zukunft ungewiss ist. Gerade in dem Alter gibt es viele Fragen und ich bin mir sicher, dass viele noch gar keine Antwort haben wollen, denn Kinder sollen auch die Möglichkeit haben Kinder zu sein, aber wenn man einen kleinen Deut in eine Richtung geben kann, dann ist das, da bin ich fest von überzeugt, schon sehr viel wert. Man wird nicht alle erreichen, habe ich auch nicht und das ist vollkommen OK. Aber wenn nur ein Kind dabei ist, was irgendwann mal im erwachsenen Alter an seinem Schreibtisch sitzt und für einen kurzen Augenblick an die Technik AG zurückdenkt, dabei lächelt und sich freut, dass es genau deswegen dort jetzt sitzt. Dann habe ich alles richtig gemacht!

Vielen Dank für diese unglaublich spannenden Samstage!

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