Eigentlich sollte das ein kleiner Tumblr Beitrag über die Serie Madam Secretary werden, in dem ich auch ein wenig darauf eingehe, was es für Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit anderen Serie, in denen eine Protagonistin im Mittelpunkt steht, gibt. Tja, nun ist ein Artikel für die Hauptseite daraus geworden. Viel Spaß beim Lesen!
Vor einiger Zeit wurde mir die Serie Madam Secretary bei Prime vorgeschlagen und zuerst war ich etwas skeptisch, obwohl ich ein großer Fan von Téa Leonie bin. Die Vorschau hatte ich schon öfters gesehen, doch irgendwie fehlte mir der Ansporn, mal reinzuschauen. Doch die Serie The Diplomat änderte dies relativ fix, auch wenn mich einiges an der Serie stört und in Madam Secretary wesentlich besser gemacht wird, aber dazu später mehr.
Ich war etwas geschädigt von House of Cards, denn auch wenn Robin Wright einen guten Job macht, sind die letzten beiden Staffeln nicht wirklich gut. Nach der letzten Staffel wünscht man sich dann auch nicht mehr und es ist gut, dass es vorbei ist. Das ist bitte nicht als Bashing gegen weibliche Leads zu verstehen, ganz im Gegenteil, doch die Staffel war einfach schlecht geschrieben, hatte eine grausige Charakterentwicklung und vieles macht schlichtweg keinen Sinn.
The Diplomat änderte dann die Stimmung rapide, denn die Serie zeigt, dass weibliche Leads was unglaublich Gutes und Spannendes sein können. Dazu noch ohne andere, um die Protagonistin herum, niederzumachen, zu schmälern oder kleinzuhalten. Erfrischend anders! (Keine Sorge, ich kenne auch andere Serien, die das ziemlich gut hinbekommen, so zum Beispiel Rizzoli & Isles, Bones (abgesehen von den letzteren Staffeln)FN1 oder, um ein wenig klassisch zu werden, Cagney & Lacey sowie Mord ist ihr Hobby)
Was mir an Madam Secretary am meisten gefallen hat, ist die Harmonie. Damit meine ich, dass die Schauspieler, auch wenn es sehr viele Konflikte gibt, unglaublich gut zusammen passen. Gerade die Familie McCord sowie die Interaktionen mit Präsident Dalton sind immer wieder davon geprägt, dass sie sehr glaubwürdig rüberkommen. Dies hat auch damit zu tun, dass die Charaktere immer genau unterscheiden, wann sie wie mit wem sprechen, richtige Kommunikation ist wichtig, das haben auch die Autoren begriffen. Natürlich ist dies auch eine Quelle von Konflikten, aber eben von glaubwürdigen, und nicht denen, die aus der Luft gegriffen sind oder plötzlich passieren und im nächsten Moment schon wieder verpuffen.
Weiterhin sticht hervor, und das ist leider auch ein Kritikpunkt für die höheren Staffeln, dass die Serie zwar die Protagonisten hat, aber dennoch sich genug Zeit nimmt, um auch ein wenig Screentime für ihr Team sowie die Familie zu bieten. In den höheren Staffeln nimmt das bedauerlicherweise ab, doch gerade in den Staffeln, in denen auch Bebe Neuwirth noch mit dabei ist, ist das immer wieder eine gesunde Abwechslung und lässt die Serie nicht allzu politisch steif daherkommen.
Madam Secretary zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie sich vom mittlerweile in Hollywood üblichen Geschlechter-Bashing distanziert. Alle haben ihre starken sowie schwachen Momente, egal ob weiblich, männlich oder queer. Das fand ich unglaublich angenehm, denn man musste niemanden herunterspielen, nur damit die andere Seite stark aussah. Und es ist schon schlimm genug, dass ich überhaupt von Seiten sprechen muss! Man hat allen die Möglichkeit gegeben, sich gegenseitig zu ergänzen und zu puschen, mal mit Unterstützung anderer und mal aus eigener Kraft.
Hier bietet sich dann auch der Vergleich zu House of Cards an, denn genau das wurde in Madam Secretary wesentlich besser gelöst. Beide Frauen erlangen die Präsidentschaft und das nur knapp (Madam Secretary) oder durch merkwürdige Umwege (House of Cards). Dadurch sehen sie sich immer wieder Kritikern und Konflikten gegenüber. Während House of Cards, gewiss auch getrieben durch die Entlassung von Kevin Spacey, hier voll frontal auf die “Alle Männer sind scheiße!” Schiene fährt und dabei Handlungen der Charaktere hervorruft, die keinen Sinn ergeben. Wird in Madam Secretary gezeigt, dass die starke Frau durchaus stark sein kann, ohne dass der Mann dabei schlecht gemacht werden muss, denn er kann sich unterordnen und immer noch ein Mann sein, gleichwertig natürlich. Diese kleine Nuance ist meines Erachtens der Unterschied, ob die Schreiber der jeweiligen Serie gut oder nur oberflächlich OK sind.
The Diplomat schlägt hier nochmal in eine ganz andere Kerbe und ja, da muss ich leider zugeben, dass ich vielleicht auch ein wenig befangen bin, denn den Charakter des Hal Wyler kann ich absolut nicht ausstehen. Er ist einfach nur ein schmieriger Typ, der versucht, seine Agenda durchzudrücken und dabei einen Scheiß auf seine Frau gibt. Hier hat man den männlichen Part der Serie nicht beschnitten, sondern einfach zu einem unsympathischen Arschloch gemacht. Ist durchaus auch eine Möglichkeit den Gegenpol zu einer starken Frauenrolle darzustellen, allerdings habe ich persönlich dann so meine Probleme mit einem Rewatch. Zurück zu Madam Secretary!
Auch in Madam Secretary gibt es den Ehemann von Elisabeth, der durchaus einen starken Charakter hat und auch die ein oder andere dezent fragwürdige Entscheidung trifft. Doch diese Konflikte werden hier eben ausgesprochen, besprochen und aufgearbeitet. Dazu wird auch gelegentlich die ganze Familie bzw. das Büroumfeld von Elisabeth mit einbezogen. Nicht nur die Charakterbildung sowie -entwicklung wird hier gestärkt, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Charaktere. Klar, es handelt sich im Großen und Ganzen um ein Werk der Fiktion, aber wenn es so stark in der Realität verankert ist, was gerade bei Madam Secretary der Fall ist, dann sollte man bei der Entwicklung der Charaktere auch ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit und Identifizierung einhalten. Bei The Diplomat gelingt das zwar auch, auch wenn wie oben beschrieben der Ehemann vollends aus dem Ruder läuft, aber bei House of Cards ist man definitiv über die Stränge geschlagen bzw. landet man oft in einem Szenario, was nur auf dem Papier Sinn ergibt.
Doch wieso die Vergleiche? Nun ja, sie bieten sich einfach an, da alle drei Serien von Frauen in Machtpositionen handeln und es immer interessant ist, wie diese Frauen dargestellt werden, zumindest für mich. Wie ist ihr Umgang mit anderen? Wie wird ihre Stärke und ihre Macht dargestellt? Welcher Umgang wird mit der Familie gepflegt?
Sie bieten auch einen Einblick, wie zurzeit der jeweiligen Produktion in Hollywood, ich vermeide hier mit Absicht das Wort “Gesellschaft”, da es hier signifikante Unterschiede gibt, eine starke Frau gesehen bzw. dargestellt wird. Denn zwischen einer Ellen Ripley (Alien, 1979) und einer Elisabeth McCord (Madam Secretary) gibt es viele Unterschiede, auch wenn sie beide starke Frauen sind.
Allerdings findet das hier nur auf eine Mikroebene statt, denn für Größeres fehlt mir die Zeit. Nichtsdestotrotz sollten solche Vergleiche, gerade über solch einen großen Zeitraum, gezogen werden. Denn man sieht auch, wie ein Verständnis sich jetzt darstellt, und wie es sich damals dargestellt hat. Allerdings ohne den Fehler zu begehen, damaliges mit heutigem Verständnis zu betrachten, das kann bös nach hinten losgehen.
Fazit
Starke Frau ist nicht gleich starke Frau, sowie starker Mann nicht gleich starker Mann ist. Die Unterschiede herauszuarbeiten wie eine Statue aus einem Stück Marmor finde ich immer wieder spannend und man lernt dabei auch einiges für sich selbst. Eine zeitliche Verortung finde ich dabei am wichtigsten, weswegen ich auch den Vergleich mit Ellen Ripley sehr klein gehalten habe. Denn für mein Empfinden kann ich mit der metaphorischen Brille von heute mir nicht eine Serie, oder in diesem Fall Film, von damals anschauen. Denn ich muss das, was ich entdecke, immer auch in einen zeitlichen Kontext setzen, denn ohne diesen werden meine Aussagen sonst zu einer kruden Form der Analyse ohne Bezugspunkt. Es sei denn, man möchte etwas einfach nur an den Pranger stellen, dann OK, aber das ist nicht mein Anliegen!
Aus diesem Grund habe ich auch diese drei Serien gewählt, denn sie spielen alle in einem gleichen Zeitraum und lassen sich dadurch gut vergleichen. Hätte ich jetzt noch Cagney & Lacey oder Jessica Fletcher aus Mord ist ihr Hobby mit hineingenommen, dann hätte ich die zwar auch mit in den Vergleich nehmen können, dann wäre aus dem Artikel allerdings ein Buch geworden. Einfach, weil ich mich zuerst mit einer umfangreichen, zeitlichen Verortung aller Protagonistinnen hätte beschäftigen müssen, bevor ich zur eigentlichen Betrachtung komme. Vielleicht für ein anderes Projekt, wir wollen es hier ja nicht übertreiben.
Zum Schluss wünsche mir mehr Serien wie Madam Secretary und The Diplomat. The Diplomat soll ja noch eine zweite Staffel bekommen und ich hoffe, dass man uns hier nicht mehr allzu lange warten lässt (ist am 31. Oktober bei Netflix erschienen). Madam Secretary hat ja, durch eine nicht ganz so erfolgreiche vorletzte Staffel, nochmal eine finale aber kurze Staffel geschenkt bekommen. Eine gute Entscheidung wie ich finde, denn sie gibt der Serie einen würdigen Abschluss und wir bekommen das zusehen, wo wir insgeheim vielleicht so ab der zweiten Staffel schon drauf warten, Elisabeth als Präsidentin.
Noch ein Wunsch, dann mache ich wirklich Schluss. In Filmen und Serien scheint die Qualität immer weiter nachzulassen und gut geschriebene Charaktere werden zur Mangelware. Dies sollte sich ändern und es muss sich wieder darauf konzentriert werden, was starke Charaktere sind. Glaubwürdig starke Charaktere, die sich nicht gegenseitig fertig machen, sondern gegenseitig ergänzen, Konflikte lösen und gemeinsamen vorankommen. Denn das gegenseitige Bashing bringt niemanden voran, ganz im Gegenteil, gesellschaftliche Konflikte, die eigentlich abgebaut werden sollten, werden dadurch nur noch befeuert. Lasst die gesellschaftskritischen Reden bei Verleihungen einfach mal weg, die nimmt eh niemand ernst. Sich für gute Rollen einsetzen, Buzzwording weglassen und mit intelligent geschriebenen Filmen & Serien in die Zukunft schreiten, das wäre mein Wunsch! Es gibt solche Serien und Filme da draußen, doch sie werden weniger, man muss länger suchen, das ist ermüdend und das sollte sich ändern.
Fußnoten
FN1
Hollywood hat massiv Probleme damit, Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten inkl. einem hohen IQ über längere Zeit darzustellen, ohne dass sie zu einem absoluten Arschloch Charakter werden. Ab einem gewissen Punkt werden sich die Charaktere ihres unsozialen Handelns bewusst und leben dies mit einer abartigen Inbrunst aus. Neben Bones ist ein weiteres Beispiel Sheldon Cooper aus The Big Bang Theory.
Japanologie & Soziologie Student an der Goethe Uni Frankfurt. Geboren 1979 in eine Zeit die von Star Wars, Pixeln und Zeichentrick Serien geprägt war. Nerd mit Herz und Leidenschaft. Cineast, Comic Liebhaber mit einem Faible für spannende Erzählungen. Videospiel- und Serienjunkie, geformt in einer Zeit die heute als Retro bekannt ist. Ehemaliger Game Artist aber immer noch eine Affinität zur digitalen Kunst.