Eine Hand voll Gedanken – Brooklyn Nine-Nine

English Version: A hand full of thoughts – Brooklyn Nine-Nine

Ein Freund von mir hat vor einiger Zeit die Serie Brooklyn Nine-Nine mal in den Raum geworfen, mit dem Zusatz, dass die Serie echt gut ist. Direkt hab ich die Serie in meine Liste aufgenommen.

Wie das bei Netflix so üblich ist, bekommt man ja immer, sobald man die Seite aufruft, einen Clip von irgendwas um die Ohren gehauen, sei es ein Film oder eine Serie (kann man auch ausschalten, ich weiß!). Der Clip von Brooklyn Nine-Nine war fast schon belästigend, denn es war eben auch immer wieder derselbe, die Szene aus der ersten Staffel mit den Bildern aus dem Spind.

So entschied ich mich, der Serie eine Chance zu geben und stehe jetzt, nach etwa 2 Wochen, am Anfang der vierten Staffel.

Was mir so gut gefällt, ist die ausgewogene Balance zwischen den Charakteren. Nüchtern und gezwungen, objektiv betrachtet, sind sie eigentlich Standard, vollkommen austauschbar und tauchen so eigentlich in nahezu jeder Serie irgendwie oder irgendwann mal auf. Doch in Brooklyn Nine-Nine werden diese geschickt in ihrem Umfeld eingesetzt und sind nicht einfach nur „Statisten“, die dem Hauptcast zuarbeiten. Dies könnte auch daran liegen, dass sie oft überspitzt dargestellt werden. 

Dazu kommt, dass man die Standardrollen erweitert hat und sich an Nuancen von wiederum anderen Stereotypen bedient. Tatsächlich entsteht dadurch etwas erfrischend Neues, auch wenn es eigentlich ein älteres Rezept ist, nur neu interpretiert und bei der Zusammenstellung leicht verändert. Ich mag diese Art von Kreativität!

Alle bekommen ihren Raum und gleichzeitig die Chance sich zu etablieren und weiterzuentwickeln. Dabei stehen sie sich nur selten im Weg oder behindern sich, ganz im Gegenteil. Dies gilt sogar für Hitchcock und Scully, bei denen man zu Anfang noch den Eindruck hat, dass sie einfach ein starker Gegenpol zu den anderen sind, aber dann immer öfter mit eingebunden werden. Ja, manchmal könnte man sich etwas weniger über sie lustig machen, aber gerade dann, wenn man diesen Gedanken verfolgt, zeigt die Serie einem, dass sie auch diese beiden ernst nimmt und es durchaus Gründe gibt, warum sie sich so verhalten, wie sie sich eben verhalten. 

Was mich an der Serie jedoch am meisten beeindruckt, ist die interessante Mischung aus Humor und ernster Crime-Serie. In keinster Weise wird einer der beiden Seiten bevorzugt oder vernachlässigt dargestellt. Eher hat man eine feine Linie gezogen und auf dieser schafft man es vorzüglich, Purzelbäume zu schlagen. Wird es zu sehr Crime, streut man zur Entschärfung eine ordentliche Portion Humor ein. Gleiches gilt für den Humor, der selten bis gar nicht über die Stränge schlägt, was ja in der heutigen Zeit leider gang und gäbe ist. Ein Freund umschrieb diesen Umstand vortrefflich mit einem Vergleich zur Serie Scrubs und ich wüsste nicht, wie man es passender ausdrücken könnte. 

Wo wir gerade bei Humor sind. Witze werden nicht weit bis über ihr Verfallsdatum hinaus getragen, sondern wissen in der Regel genau, wann sie genug sind bzw. wann der Witz einfach verbraucht ist. Da ist man wirklich froh, dass man sich hier eines besseren besonnen hat und den Zusehenden am anderen Ende nicht allzu sehr quält. 

Allerdings muss ich sagen, dass ich jetzt gerade eine kleine Pause mache. Denn auch wenn die Serie im Großen und Ganzen sehr abwechslungsreich ist, so ist sie, wenn man sie so hardcore schaut wie ich, gleichzeitig auch ermüdend. Aber bitte nicht falsch verstehen, dies soll nichts über die tatsächliche Qualität der Show aussagen. Denn auch wenn ich Pimento unglaublich anstrengend finde, so schadet er der Show in ihrer Gänze nicht wirklich.

Gleichzeitig zerstört aber Pimento auch so eine kleine Hoffnung, die sich in den späteren Staffeln vielleicht doch noch erfüllen wird. Denn wenn Rosa und Boyle sich noch finden, das wäre echt der Hammer! Finde aber Peralta und Santiago auch ’ne schöne Kombi, weil man es irgendwie erwartet hat, aber irgendwie auch wieder nicht, gerade weil sie auch so gegensätzlich sind. 

Passend dazu werden auch Emotionen gezielt eingesetzt. Es wird nie schmalzig oder schnulzig und wenn, dann wird das oft mit einem passenden Gegensatz wieder so weit entkräftet, dass es immer noch nachhallt, aber nicht übertrieben oder abgewürgt wirkt. 

Subtil schafft es die Serie, sich auch politisch und gesellschaftskritisch zu äußern, ohne dass der Zusehende dabei das Gefühl hat, er bekommt etwas aufgedrängt. Für mich zeugt das von einem sehr guten Autorenteam, denn man ist diesen Extraschritt gegangen und hat sich Mühe dabei gegeben, solche Themen in dieses Umfeld mit einzubauen, anstatt einfach plump darauf hinzudeuten. 

Ein weiterer Punkt für die guten Autoren sind die jeweiligen Endfolgen der Staffeln. Im Grund sind die so geschrieben, dass die Geschichte in der nächsten Staffel weitergehen kann und das ist auch gut so. Zumal man sich immer wieder rechtzeitig mit dem Studio geeinigt hat und früh genug wusste, dass die Serie für eine weitere Staffel erneuert wird. 

Was man aber absolut nicht außer Acht lassen darf, ist die überragende Dynamik zwischen Holt und Peralta. Gut geschriebene Dialoge, die sich zwar nicht zu ernst nehmen, dennoch aber immer einen ernsten Unterton aufweisen und überzeugen können. Gerade wenn man sich anschaut, wie die Charaktere geschrieben sind und sich über die Zeit entwickeln, müssten sie sich eigentlich zerfleischen. Doch mit dem Mittel der dezenten Absurdität bekommt man das sehr gut unter Kontrolle und schafft eine perfekte Dynamik zwischen den Beiden. 

Werde ich die Serie weiterschauen? Absolut! Aber mein Hirn braucht eine kleine Pause, denn wenn ich einen Schritt zurückgehe, dann konsumiere ich zurzeit einfach zu viel. Das schlaucht und sorgt dafür, dass mir Kapazität für andere Dinge fehlt, die leider Vorrang haben bzw. haben sollten. 

Wir brauchen mehr solcher Serien, die es schaffen Humor intelligent einzusetzen, dabei ernste Themen bearbeiten und ein weiteres Genre in sich vereinen, welches aber gleichzeitig auch nicht zu kurz kommt. Denn man kann die Serie dann eigentlich in jedem Mood schauen und sich immer genau das herausnehmen, worauf man gerade Lust hat bzw. den Kopf dafür hat. 

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